Press Releases

Empfehlung anläßlich der
Kunstvereingründung und Eröffnung des Ateleierhauses
"Raum für Kunst" in Paderborn, Kötterhagen

Prof. Hermann Josef Keyenburg

In einer Leistungsgesellschaft, in der in erster Linie Produktions-prozesse zählen, deren Erzeugnisse verwertbar sind, und in der die Menschen je nach ihrem Beitrag dazu Stellung und Ansehen gewinnen, haben es bildende Künstler nicht leicht; besonders dann nicht, wenn sie am Beginn ihres Weges und ihrer Bemühungen um öffentliche Anerkennung stehen. ... [mehr]

Beitrag im Katalog zur Ausstellung:
"Eine kleine Geschichte über das Arbeiten im Straßenbahndepot zu Paderborn 1992"

AOR Hans Ortner:

Die Arbeit von Moses steht in erkennbarem Zusammenhang postmoderner Tendenzen. Wie viele jüngere Künstler schafft er aus einem Gefühl der Ungebundenheit von ästhetischen Normen und inhaltlichen Vorgaben. ... [mehr]

Beitrag im Katalog zur Ausstellung:
"Eine kleine Geschichte über das Arbeiten im Straßenbahndepot zu Paderborn 1992"

Prof. Rago Torre Ebeling:

Kunst darf alles, Kunst muß nichts.
Auf die Arbeiten von Moses bezogen, bedeutet dies nichts weniger als den Verzicht auf eine eindeutige und einschichtige Beantwor-tung der an die Kunst gerichteten Fragen nach der "Realität des Abgebildeten", der "Realität der Abbildung" und nach "Identität und Nichtidentität", die zuletzt auch die Frage nach dem Selbstsein des künstlerischen Individuums beinhalten. ... [mehr]

Persönliche Empfehlung von

Prof. Hermann Josef Keyenburg

Moses (Markus Eusterholz) hat von 1989 - 1992 im "Kunstsilo" der Universität-GH-Paderborn im Fach Kunst Malerei, Plastik und Grafik studiert. ... [mehr]

Neue Westfälische Zeitung, Juli 2003:

Der Moses-Mythos

Bildersüchtig: Künstlerisches Schaffen als Lebensvollzug

Paderborn (NW). Fällt der Name Moses in Paderborn, gibt es oft ein bestätigendes Kopfnicken. "Ach ja, der!". Schnell zeigt sich aber, das dieser Künstlername offensichtlich viele, aber doch sehr unspezifische Zuschreibungen zulässt. Moses? Irgend so ein Paderborner, der "irgendwas in Kultur macht". Hier und heute will Moses Licht in dieses Dunkel bringen. ...[mehr]

Pressetext von Ann-Britta Dohle zu

Blut (un)gleich Leben

... Der Maler „MOSES” beschreibt in einer eindringlichen Abstraktion den Gefühlszustand innerer Angst und Panik. ... [mehr]

Empfehlung von
Prof. Hermann Josef Keyenburg
anläßlich der Gründung des Kunstvereines
"Raum für Kunst" und Eröffnung des gleichnamigen Ateleierhauses in Paderborn, Kötterhagen

In einer Leistungsgesellschaft, in der in erster Linie Produktions-prozesse zählen, deren Erzeugnisse verwertbar sind, und in der die Menschen je nach ihrem Beitrag dazu Stellung und Ansehen ge-winnen, haben es bildende Künstler nicht leicht; besonders dann nicht, wenn sie am Beginn ihres Weges und ihrer Bemühungen um öffentliche Anerkennung stehen. Zwar genießt bedeutende Kunst hohes Ansehen, die Besucherzahlen in Museen und Galerien be-zeugen es, und auch der Beitrag der Kunst zur Hebung der Le-bensqualität beginnt sich herumzusprechen, aber wenig wird im all-gemeinen dafür getan, die Bedingungen zu schaffen, die gerade auch jüngere Talente zu ihrer künstlerischen Entfaltung brauchen.

Im Kunstsilo der Universität-Gesamthochschule-Paderborn steht dankenswerterweise ein Gebäude zur Verfügung in dem für das Fach Kunst Ateliers geschaffen worden sind, die jedoch - wie inzwischen deutlich wird - unzulänglich sind. Es werden dort zwar kunstpraktische Seminare durchgeführt, jedoch leider nicht in Räumen, die zum Beispiel als Mal- oder Bildhauerateliers einem Lehrer mit seinem Studenten für die kontinuierliche Arbeit ständig zur Verfügung stehen, sondern nur in solchen, die stunden-planmäßig genutzt und dann auch wieder geräumt werden müssen.

Es steht zu wenig Atelierraum zur Verfügung, um die von den Prüfungs- und Studienordnungen geforderten vertiefenden Atelierstudien im Hauptstudium zu ermöglichen. Dazu sind nämlich feste Arbeitsplätze für die Studenten notwendig (vgl. die ent-sprechenden räumlichen Bedingungen für Lehramtsstudenten an Kunsthochschulen). Dieser Mangel in Paderborn hat dazu geführt, daß mehr und mehr engagierte Studenten aus dem Kunstsilo "ausgezogen" sind, um durch Anmietung ungenutzter aufgelassener Werkstätten Entfaltungsmöglichkeiten zu gewinnen.

Als Vertreter des Faches Kunst der Universität-GH-Paderborn begrüße ich diese Initiative (wenn auch dem Silobereich teilweise die besonderen Impulse dieser Studenten entzogen werden), ist es doch ein zentrales Anliegen des Faches, nicht nur die Studien-möglichkeiten im kunstpraktischen Bereich zu verbessern, sondern auch durch vielfältige künstlerische Aktivitäten kulturelle Akzente in der Stadt und in der Region zu setzen.

Die Ausstellung "Raum für Kunst" (bis 27.01.1991) im Bonifac-Atelier in der Liboristraße unterstreicht dieses Bestreben durch die dort arbeitenden Studenten und die von ihnen organisierte Aus-stellung eindrucksvoll.

Zugleich verweisen sie durch den Titel und durch die Gründung des Fördervereins "Raum für Kunst" auf ihre Notlage, die darin besteht, daß die befristete Nutzung des vorzüglichen Bonifac-Ateliers zu Ende geht.

Der glückliche Umstand, daß ein gleichwertiger Ersatz angeboten worden ist, bietet nur dann eine Chance, wenn es gelingt, durch Sponsoren, denen an der Förderung junger Kunst in Paderborn etwas liegt, die Finanzierung des Mietzinses zu erreichen.

Ich möchte mit diesem Schreiben die mangelhafte Ateliersituation für Kunststudenten und junge Künstler in Paderborn unterstreichen und das Bemühen der Bonifac-Gruppe, durch Eigeninitiative an diesem Zustand etwas zu ändern, nachdrücklich unterstützen.

Es sei allen möglichen Förderern ans Herz gelegt.

24.01.1991
Gez. Prof. Keyenburg

"Eine Kleine Geschichte über das Arbeiten
im Straßenbahndepot zu Paderborn 1992"

AOR Hans Ortner:

Die Arbeit von Moses steht in erkennbarem Zusammenhang postmoderner Tendenzen. Wie viele jüngere Künstler schafft er aus einem Gefühl der Ungebundenheit von ästhetischen Normen und inhaltlichen Vorgaben. Die künstlerische Tätigkeit wird als vitaler Lebensprozess verstanden, indem man als Handelnder ein gesteigertes Selbstwertgefühl erfährt. Dies zeigt sich bei Moses schon in der Vielzahl der Arbeiten und auch in ihrer Vielseitigkeit, deren Grundlage Erfindungsreichtum und Offenheit ist.

Seine Bilder sind das Ergebnis unterschiedlicher Arbeitsformen. Fast altmeisterlich wirkende "Ton-in-Ton"-Malerei steht neben dem bunten Montagebild, abstrakte Abklatschbilder neben "Suchbildern" mit einer reichen Zeichensprache.

Spontane Aktion und planmäßiges Gestalten, Spekulation und Reflexion bestimmen den Entstehungsprozess, in dem das Malen zum Abenteuer wird. Dabei treffen psychische Bewegungen und Phänomene der Außenwelt aufeinander. So entsteht in der Unmit-telbarkeit zufälliger Erkenntnisse die Vorstellung von einer dyna-mischen und überreich ausgestatteten Realität.

Die Bilder wirken im Detail oft grob, teilweise unfertig, im Gesamtzusammenhang haben die Teile doch stets ihre Funktion und ihre Identität. Im Zufälligem finden sich Zeichen und Bedeu-tungen auf verschiedensten Ebenen: Emotionale Bewegungen, rationale Urteile, Erinnerungen und Illusionen werden angeregt. In dieser vielschichtigen Erfahrung können die Mechanismen des Wahrnehmens und Denkens bewusst werden.

Im Bereich der plastischen Objekte wird das Beschriebene ent-sprechend in "werkgerechter" Weise realisiert. Schrottelemente sind zu Gestalten zusammengeschweißt, die an verschiedene Lebe-wesen erinnern. Die Kombination der Elemente folgt einer Vorstel-lung von den Prinzipien des Wachsens, des sich Ausbreitens und es stellen sich Gedanken über die Welt der Elementarteilchen und Urformen ein. Die Plastiken sind nicht als Abbildungen konkreter Lebewesen zu betrachten. Sie entwickeln sich vielmehr aus der Einfühlung in das Prinzipielle, das das Dasein bestimmt.

Die Objekte sind so zusammengefügt, das die Schweißnähte sichtbar die einzelnen Elemente verbinden. Durch diese Art der Verarbeitung und durch die Proportion des Ganzen bleiben alle Teile als individuelle Gestalten erkennbar. Auf zwei Ebenen erfah-ren sie ihre Deutung. Als Elemente eines abgeschlossenen Zusam-menhangs verwandelt sich ihre Identität. Die angespielten Ähnlich-keiten mit den "Naturformen" bringen die assoziative Tätigkeit in Gang und veranlassen die Bildung von Begriffen. Andererseits werden durch Kontrastbildung und Akzentuierung deutliche plastische und räumliche Beziehungen realisiert. An diesen wird sich der Betrachter seines Daseins als Körper im Raum bewusst. Die meist stark raumgreifenden Objekte bekommen eine magische Qualität: Sinnliche Präsenz und begriffliche Spekulation verbinden sich und machen die Objekte zu offenen Zeichen, die die Vorstel-lungskraft und die Phantasie aufs Stärkste anregen und Fragen nach der eigenen Existenz provozieren.

In einer großen Rauminstallation kann Moses diese Wirkungen noch steigern, weil der Betrachter in einen großen dunklen Raum "eingefangen" wird. Schwarz bemalte Wände einer Halle in der Korn gelagert wurde, zeigen Verfärbungen - Weiß- und Grau-stufen- durch Fäulnis und Schmutz. Ein großes Feld aus Marmorstücken in regelmäßiger Formation angeordnet, bringt wie bei den Plastiken die assoziative Tätigkeit in Gang. Das leuchtende Weiß des Marmors nimmt eine Verbindung zu den Flecken auf der Wand auf. Diese werden zu Zeichen mit magischer Kraft. Vorstellungen von monumentalen Landschaften und Städten stellen sich ein. Fast schmerzlich erfährt der im Raum und in seinen Visionen einge-schlossene Betrachter die Macht der Phantasie. Die Offenheit der Bedeutungen gibt ihm aber auch das Gefühl der Freiheit, in der er die Wirklichkeit gestalten kann.

Hans Ortner

"Eine Kleine Geschichte über das Arbeiten
im Straßenbahndepot zu Paderborn 1992"

Prof. Rago Torre Ebeling:

Kunst darf alles, Kunst muß nichts.
Auf die Arbeiten von Moses bezogen, bedeutet dies nichts weniger als den Verzicht auf eine eindeutige und einschichtige Beantwor-tung der an die Kunst gerichteten Fragen nach der "Realität des Abgebildeten", der "Realität der Abbildung" und nach "Identität und Nichtidentität", die zuletzt auch die Frage nach dem Selbstsein des künstlerischen Individuums beinhalten. Sich mit seinen vielschich-tigen Werken einzulassen, bedeutet a priori ein ständiges Über-schreiten oder Negieren bestehender Gattungsgrenzen und Vorstel-lungen kompromisslos zu akzeptieren.

Ein auffallendes Moment in der komplexen Arbeit von Moses ist die Phantasie. Bedeutet solche für den Künstler eine Absage an eingefahrene Wege und Dogmen und ein immer wieder neues Überprüfen seiner künstlerischen Mittel, seiner Ideen, kurzum seiner künstlerischen Welt, so ist das in hohem Maße auf diesen jungen Künstler zu beziehen. Jedes seiner Werke zeigt noch das Risiko des Nicht-Gelingens. Jedoch lässt es ebenso auch das kon-zentrierte und selbstkritische Ringen um das Bild, eine Intensität erkennen, selbst da noch, wo etwas vom "Chaotisch-Gesetzlichen" spürbar ist, worin Zufall und Notwendigkeit ihre schwierige und unselige Verbindung erneuern.

Wenn Adorno die Phantasie in der Kunst als "die uneingeschränkte Verfügung über die Möglichkeiten der Lösungen, die innerhalb eines Kunstwerkes sich kristallisieren", definiert hat, so nimmt Moses dies genau wahr.

Moses gehört zu jenen Künstlern, für die das machen von Kunst Lebensvollzug ist, wobei sie sich in ihrem Tun zu vergewissern trachten. Die oft kargen in ihrer Materialwahl extrem anspruchslos erscheinenden Objekte und Assemblagen können hierfür ein Indiz sein. Diesen stellt Moses freilich ebenso - wie in einem Kontrast-programm - gemalte Bilder gegenüber, bei denen sich in der Unmittelbarkeit und bisweilen ungehemmten Heftigkeit des male-rischen Vortrags, einer von einem gestischen Impetus bestimmten Spontaneität und Freiheit ("Wutbilder") ein starkes Moment einer transformierten "Natur", eine überzeugende Verbindung von Kopf und Hand, von Intuition, Imagination und Formkraft erkennen lässt.

Es wird deutlich, daß sich vom Handwerk her das Medium Malerei für die Selbsterkundung und Selbstmitteilung anbietet, auch da, wo durch Themen, Inhalte und Assoziationen scheinbar Grenzen gesetzt sind. Moses nutzt in seiner Arbeit sämtliche ihm verfüg-baren Möglichkeiten und "gemischte" Medien. Er stellt sich somit in die Reihe einer Generation, die bevorzugt auch dem Objekt und der Raum-Installation Bedeutung beimisst, sowohl als Medium einer Aussage und Fixierung eines künstlerischen Prozesses wie als In-strument der Erfahrungs- und Bewusstseinserweiterung. In dem Maße, wie solche Objekte in ihrer konkreten Dinglichkeit erfahrbar werden, erfüllen diese auch eine "Minimalforderung an ästhetischer Identität", die zugleich ihre "Lesbarkeit" ermöglicht und Rezeption erlaubt.

Wenn das Werk durchaus sich selbst formal und inhaltlich, also weitgehend autonom artikuliert, so sieht Moses vor allem darin ein Vehikel der Kommunikation und die Möglichkeit, einen Denkanstoß zu geben, der es dem Betrachter als mitbestimmendem Faktor im visuellem Prozess erlaubt, das Werk - analog der Gesetzlichkeiten der Rezeptionsästhetik - nachzuvollziehen und in seiner Vorstellung womöglich erst zu Ende zu führen.

Moses scheint darauf zu vertrauen, das das Kunstwerk vom Betrachter nicht nur aufgefasst wird, sondern auch in seine Subs-tanz verändert werden kann. Er weiß, das das Bild als Chiffre ein Rätsel mit vielen Lösungen ist und neben eine Deutungsmöglichkeit viele weitere gleichberechtigt treten. Bilder entfalten sich proteisch in der Rezeption sowie sie einer ebenso proteischen Produktion entstammen. Es handelt sich somit durchaus um eine Malerei als verkörperte Hoffnung, das Unverständliche ans Licht zu bringen und es somit auch als Unverständliches zu legitimieren: Hoffnung auf Entgrenzung, auf Erweiterung unserer Wahrnehmung.

Mithin handelt es sich um eine Kunst, die zumindest eine neue Offenheit gegenüber den vielfältigen malerischen und gestalte-rischen Möglichkeiten belegt, wobei der Anspruch, Kunst als Kunst zu objektivieren zugleich miterhoben wird. Im Zusammenkommen konträrer Positionen in einem Bild vermeidet Moses gleichzeitig das Aufkommen einer "Stimmung". Das Bild wird zum Protokoll eines Prozesses: Formen, die plötzlich auftauchen, sich verwandeln und überlagern, gehören zwar einem bestimmten Assoziationsfeld an, sind aber in ihrer physiognomischen Eigenart als kalkuliert vorweg-zunehmen. Es geschehen während dieses Prozesses ständig neue Dinge und Formverwandlungen und es ist schwierig, zwischen be-wusstem und unbewusstem Arbeiten zu unterscheiden. Es geht in der Malerei von Moses immer mehr um Bildfindungen, die bestän-dig die Frage nach der Legitimität ihres Vorhandenseins offen halten. Immer wieder ist auch darin eine "Ästhetik der Brüche" zu erkennen. Niemals spielt er etwa ein "System" durch.

Moses nimmt - besonders in seinen Eisenarbeiten - für sich in An-spruch, nicht mehr darzustellen, sondern vielmehr herzustellen und somit den formalen Eigenwert der vorgefertigten und vorgeprägten Dinge quasi als "Ready-Mades" zu demonstrieren wie ebenso ihre Transponierbarkeit deutlich zu machen, als wollte er damit sagen: Es gibt kein Ding, dessen Form nicht auch losgelöst von ihrer Bedingtheit des Funktionalen betrachtet und visuell unter bestimm-ten ästhetischen Kriterien "erlebt" werden kann. Moses wirft in diesem Kontext die Frage nach dem einem steten Wandel unter-worfenen Verhältnis zur Realität auf, indem er verschiedene "Realitätsebenen" zu verbinden trachtet. Er fasst dasselbe Sen-sorium für verschiedene, unter Umständen völlig disparate Form-charaktere, Materialqualitäten und Texturen zu Komplexen zusam-men, die letztlich "logisch" nicht erfassbar sind. Somit scheint er Beziehungen schaffen zu wollen zwischen allen Dingen und gegen-sätzlichen Elementen, was nicht zuletzt auch die Intention beinhal-tet, die Trennung zwischen Realraum und Kunstraum, zwischen Kunst und Leben zu überwinden.

Moses vertraut bei seinem künstlerischen Vorgehen darauf, das in dem Maße, wie seine Werke langsam Gestalt annehmen, sich auch die "Inhalte" entwickeln. Sein Bestreben, in räumlich übergeord-neten Zusammenhängen durchaus im Sinne des "Envirements" zu denken, veranlasst ihn nicht minder, daneben Bilder mit einem organoiden, etwa die "Sinne" (so ein Bildtitel) bezeichnenden Voka-bular, oder Bilder von lapidar geometrischem Charakter zu inte-grieren, um eine umfassende Wahrnehmung zu stimulieren.

Eine endgültige Aussage ist hier gewiß nicht zu erwarten, vielmehr stellt Moses die Formen und Inhalte zur Disposition; oft belässt er den Dingen und dem Material ihren rohen, bisweilen abweisenden Charakter und gibt ihnen nur eine Ordnung. Sein Wunsch nach der Herstellung eines evokativen Feldes aus Materialresten und hetero-genen Dingzitaten ist etwa in seiner Collage-Wand zu erkennen. Wir können an ihr erfahren, daß es gerade die Grenzen der Kunst sind, an denen sie ihr eigentliches Wesen zu definieren sucht.Nicht zuletzt beweist Moses, daß Bilder und Objekte vor allem optische Tatsachen sind, deren Thema sie letztlich sie selbst sind, ihr Idiom, ihre Elemente. Immer wieder verwirft Moses das eben erst Gefundene, er löscht aus, tilgt eben Formuliertes und macht es unkenntlich; sein Vorgehen entspricht somit genau der Doppel-bewegung von constuction und destruction, in der wir die Über-schreitung herkömmlicher Antinomien erkennen mögen. Wenn Kunst nicht bezeichnet, was ist, sondern was wird, so ist in der Erkenntnis, daß das Dingbild in ein- und derselben Bewegung her-vorgerufen wird und ebenso in die Abwesenheit verdrängt, beschrieben und verunklärt, schließlich bis an den Rand des Ver-löschens verbannt wird, ein vitales Prinzip zu erkennen, das nicht zuletzt und entscheidend besagt, daß "man es auch anders machen kann", wie Moses nachdrücklich postuliert. Es ist dies doch auch das Prinzip der Freiheit und, wie ich meine, auch das der Hoffnung.

Rago T. Ebeling

Empfehlung von
Prof. Hermann Josef Keyenburg

Moses (Markus Eusterholz) hat von 1989 – 1992 im "Kunstsilo" der Universität-GH-Paderborn im Fach Kunst Malerei, Plastik und Grafik studiert.

Seither ist er freikünstlerisch tätig und gehört zu den Gründern des freien Atelierhauses "Raum für Kunst", dessen Vorstandsmitglied und Ausstellungsorganisator er zur Zeit ist.

Seine Aktivitäten auf künstlerischem Gebiet sind vielfältig und von großem persönlichem Engagement, reicher bildnerischer Phantasie und Mut zu unkonventionellen, teils kühnen Kreationen bestimmt. Er malt großformatige Bilder, die vielschichtige Material- und Farb-prozesse oder aus der Malgeste entwickelte Zeichen und Figuratio-nen zur Anschauung bringen.

Sein Hang, Fundstücke und weiterverarbeitete Materialien in seine Bilder zu integrieren, führten ihn zur Auseinandersetzung mit der Objektplastik und der Rauminstallation.

Er hatte die Gelegenheit benutzt, in großen Hallen zu arbeiten und auszustellen. Dabei wurde deutlich, wie intensiv er sich mit dem Beziehungsgeflecht zwischen gemaltem Bild, Farbe und plastischen Objekt in der jeweiligen räumlichen Situation beschäftigt hat.

Sein Mut zum Risiko, auch scheinbar Heterogenes miteinander in Verbindung zu bringen, kam in einigen spannungsvoll gestalteten Ausstellungen zur Anschau.

Seit 1989 präsentiert er seine Arbeiten in Einzel- und Gruppenaus-stellungen so in Aachen, Bad Lippspringe, Paderborn, Hannover, Warburg. Er ist Mitglied des Initiativkreises "Künstler für Europa", der sich um internationale Ausstellungen mit Beziehungen zum Europa-Gedanken bemüht.

Es ist wichtig und notwendig, junge Künstler wie Moses Eusterholz finanziell zu fördern und zu ermutigen, seine kreativen Fähigkeiten weiterhin zu entfalten und kulturelle Akzente zu setzen.

Paderborn, den 17.Mai 1993
Prof. Hermann-Josef Keyenburg

Neue Westfälische Nr. 157, Donnertag, 10. Juli 2003:

Zeitungsartikel

Der Moses-Mythos
Bildersüchtig: Künstlerisches Schaffen als Lebensvollzug

Paderborn (NW). Fällt der Name Moses in Paderborn, gibt es oft ein bestätigendes Kopfnicken. "Ach ja, der!". Schnell zeigt sich aber, das dieser Künstlername offensichtlich viele, aber doch sehr unspezifische Zuschreibungen zulässt. Moses? Irgend so ein Paderborner, der "irgendwas in Kultur macht". Hier und heute will Moses Licht in dieses Dunkel bringen.


Werdegang:
1965 in Paderborn geboren, Grundschule in der Stadtheide [Orts-teil von Paderborn], div. Internatsschulen, schon frühe Förde-rungen in verschiedenen Medien künstlerischen Gestaltens wie Malen, Töpfern, Tischlern, der Photographie, Schmieden und Schweißen bis hin zum Stricken. "Brotlos", hieß es immer, erst ein-mal was "Vernünftiges" lernen, da habe ich dann ein Chemiestu-dium. 1989 kam es dann doch zum unumstößlichen Bekenntnis, mit dem Studienwechsel nach dem Vordiplom wurde die Kunst zu meiner "fröhlichen Wissenschaft", die Farbe und das Sehen wurden meine Lebensinhalte - oder waren sie es längst?
Stadtbibliothek, Artothek und auch die Städtische Galerie waren zunächst meine Arbeitsfelder während des Studiums, aber auch im Diözesanmuseum und Heinz Nixdorf MuseumsForum konnte ich meine Fähigkeiten in Sachen Präsentation und Ausstellungsmachen anwenden und vertiefen. Zuletzt leitete ich eigenständig die "Künstlerei Moses" mit offenem Galeriebetrieb, ständiger Präsenta-tion, wechselnden Ausstellungen, Künstlervertretungen, Kunst-schule, war sozusagen in Personalunion Künstler, Galerist und Lehrer.

Kunstrichtung:
Auf ein bestimmtes Genre will ich mich nicht festlegen. Nach meinem Selbstverständnis bin ich bildender Künstler. Einem Bildnerischen Ziel entsprechend bediene ich mich gestalterischer Verfahrensweisen und Werkzeugen. Daß sie mir immer mehr immer besser Dienst leisten können, fußt auf Erfahrungen von Versuch und Irrtum, von Geduld und Abarbeitung. Der Begriff Künstlerei (österreichisch für Künstlertum) bzw. Kunstmanufaktur und Galerie für meine letzte Wirkungsstätte ist bezeichnend.

Schwerpunkte und Besonderheiten:
Experten haben in ihren Aussagen über mein Schaffen und meine Künstlerpersona immer die Prozessoffenheit, die Hingabe an das Material und entsprechend das künstlerische Schaffen als Lebens-vollzug betont, sowie die Verweigerungshaltung gegenüber Stilen, Moden, Schulen. Da ist wohl was dran. Vor meinem Anspruch gibt es nicht mal eine wirkliche Unterscheidung zwischen eigenem Bild-schaffen und der Aufgabe, eine Ausstellung fremder Werke zu gestalten. Letztlich heißt dies. Meine eigene, innere Ästhetik mit der erworbenen, formalen Bildgestaltung zu koppeln, und so kühn zu behaupten, dass es möglich ist, mit allem Kunst zu "machen" zu können. Also Gestalt und Gehalt so zur Anschauung zu bringen, dass sich im Raum im Idealfall ein oftmals nicht-begrifflicher Erkenntnisgewinn, ein seelisches Abenteuer, ein stiller Dialog ent-wickelt, den das Alltagsleben so nicht führt.

Wie ich zur Kunst kam:
Wenn mir hier ein Preis verlien würde, müsste ich meiner Mama und ein paar Schrecken in der Kindheit, samt der Schönheit ihrer Fluchtwege danken, weiter ein zwei Kunstlehrern der Internats-schule Landschulheim am Solling, in Paderborn zu Studienzeiten Professor [Walter] Schrader für seine Sehschule und seine analy-tisch methodische, sowie historische Unterfütterung, Herrn Hans Ortner als meinen Meister in Sachen Beherrschung von und gleichermaßen Demut vor dem Material/Stoff und seiner Vitalität.
Nein, eine einzige Initialzündung für die Kunst, ein konziser Augen-blick gleich einer Offenbarung hat es nicht gegeben und auch den Namen Moses nutze ich eher für meinen eigenen Mythos, für Licht-, Schatten- und Vexierspiele, als dass ich mich damit ernst-haft zu meinem biblischen Namensvetter aufschwingen wollte. Gerade weil die Liebe zur Kunst - gepaart mit solidem Handwerk - Fleiß und Geduld erfordert, das Nicht-Gelingen neben dem schnellen Großen Wurf steht und ich schlicht Bildersüchtig bin, muß ich diejenigen Freunde und Förderer lobend erwähnen, die mich mit ihrer Unterstützung bei der Kunst gehalten haben. Beson-ders wichtig sind dabei diejenigen, die mir immer wieder Arbeit gaben, die mit der kunst zu tun hatte. Einen Königsweg, nein, den gibt es nicht, aber ist die Kunst nicht auch zu mir gekommen?

Ausstellungen:
Es gibt einige Dauerpräsentationen in Form von Gesamtausge-staltungen von Geschäftsräumen, es gibt Installationen, die ihren festen Ort haben, wie zum Beispiel die Kreuzwegstationen in Thülen Neden bei Brilon mit dem barocken Altarbild in der Johanneskapelle. In irgendeinem Regierungsgebäude hat Johannes Rau ein Bild von mir versteckt, vielleicht findet es ja einer. Die Artothek Paderborn hält zehn Arbeiten Arbeiten von mir zum Verleih bereit und in meinem Archiv hungert ein Elefant im Aufmerksamkeitsdefizit (Exzögling der Aktion "Kunst auf dicker Haut" der Werbegemeinschaft Paderborn). Wer mir die originellste Rettungsidee aufschreibt, dem übertrage ich gerne das alleinige Sorgerecht. [Der Elefant ist ausgewandert!]

Was ich mit meiner Kunst aussagen möchte:
Eine Explizite Botschaft oder gar Moral liegt mir fern. Das Kunst-leben ist bei Licht betrachtet manchmal ein menschlicher Skandal, auch und vielleicht gerade meines, da mir ja so annehmbar- unan-nehmbar nah ist wie kein zweites. Die Halbwertzeit von verbalen Vergewisserungen und Ableitungen aus gemachten Erfahrungen reicht meistens nur bis zur nächsten Krise. Ich schätze das Recht der nächsten Dinge gegenüber den letzten. Ich schätze die Hand-lungs- und Veränderungsfähigkeit, die mir der Aktivitätsrahmen der bildenden Kunst ermöglicht.
Einerseits teile ich die Ansicht, dass das künstlerische Tun ein in seiner Konzentration einsames Geschäft ist, andererseits wird die Bildkraft meiner Arbeiten erst durch den Austausch mit anderen wirklich lebendig. Sie ist auch das Produkt fremder Zugänge, ja, sie ist von diesen Zugängen abhängig. Ich hoffe und glaube, dass vioele Bilder redeanlässe bieten, ja, mehr noch, dass in ihrer Rezep-tion ein Transfer von Vertrauen, ein Moment der Intimität gelingen kann, der die Grenzen rein kognitiven Verstehens überwindet. In der modernen Kunstrezeption braucht es Mut, den elaborierten Sprachcode, das Fachgesimpel abzustellen und den Betrachter ganz schlicht die Kunst sehen und begreifen zu lassen.

Ob ich von der Kunst leben kann?
Hauptberuf, Nebentätigkeit, Hobby, Sucht, Berufung –das sind alles Bezeichnungen, die Aspekte aus meinem Leben aufgreifen und doch den Kern nicht fassen. Ich kann und will nichts anderes als das, was ich mache. Nicht wenige erkennen meine Kraft und treten mit mir in einen Dialog. Andere stoßen sich an meinem Tun und seiner Unbedingtheit. Kann man von der Kunst Leben? Die übliche Standardfrage, die nach meinem Kunstverständnis falsch gestellt ist, logisch falsch, weil sie vorgibt, Kunst müsse sich ihrem Legitimationsanspruch ganz a priori und apodiktisch in ganz ökono-mischen Kategorien stellen. Das Diesseits, die professionelle Pro-duktion von Kunst scheint immer anfechtbar, angreifbar, nackt, während ihrem absoluten Produkt am besten etwas geradezu Jenseitiges, eine Transzendenz, ein Glücksversprechen innewohnen soll. Diese Polarität und Sonderung zwischen antisozialem Nichts-nutzertum und genialischer Überhöhung scheint sich in den Kunst-mechanismen ebenso abzubilden wie auf einer rein spirituellen Ebene. Es ist die Aufgabe des Künstlers, darüber nicht den Wider-standsgeist und die Bodenhaftung zu verlieren. Ich strebe nach lebensnäheren Vermittlungen dazwischen. Ich kann mit der Kunst leben, aber können Sie mit dem Künstler leben?

Meine Meinung zum Paderborner Kunstbetrieb:
Tatkräftige Unterstützung benötigt sicherlich die Städtische galerie, das heißt, mehr wechselnde Ausstellungen, einen höheren Werbe-etat, und von meiner Seite aus ist da auch der Wunsch, diese wieder zu einem kulturellen Treffpunkt für die Paderborner Bürgerinnen und Bürger werden zu lassen. De Wert des Kunst-betriebs ist nicht in Euro messbar, gehört zur Lebensqualität, schult Sehen, Denken und Phantasie, erbaut oder stellt Fragen.

Zukunftspläne:
Nach fünf intensiven Jahren Künstlerei Moses suche im Standort Paderborn einen neuen Arbeits- und Präsentationsrahmen für meine kulturpolitischen Ideen und meinen Wunsch, bestimmte junge künstler zu kuratieren. Was meine persönlichen Arbeiten anbelangt, habe ich meine Ausstellungsvorhaben fürs Nächste auf Berlin, Brandenburg und in die Pfalz verlagert, wo Partner meine Kunst-vermarktung übernommen haben. Daneben wachsen Projekte in der Auseinandersetzung mit der digitalen Medienvielfalt. Genre-übergreifendes Arbeiten steht dabei an erster Stelle, wobei das Unikat bleibt.

Mein größter Traum:
Die Leitung einer Dokumenta in Kassel.